Wissen ist Macht und Wissen rettet Leben . Deshalb speichert die NASA Informationen, wie die zur ersten Mondlandung, in Knowledge Maps.
„Why is ubiquitous information so profound? It is a tremendous equalizer. Information is power.“ (Eric Schmidt, 2009, University of Pensylvania)
Information ist Macht. Stimmt das? Informationen sind allgegenwärtig. Überall abrufbar. Ständig. Von jedem mit Internetzugang. Sie machen die Menschen gleich. Niemals war es so einfach ein Stück dieser Macht zu besitzen wie heute.
Erich Schmidt, einer der mächtigsten Männer im Silicon Valley, richtete diese Worte wie eine Vision vor etwa zehn Jahren an Uni-Absolventen. Seine Message ist klar, und kaum zu bezweifeln – Schmidt saß damals im Board of Directors bei Apple, war Professor in Stanford, Berater Barack Obamas. Später wird er Google-Geschäftsführer und sitzt heute als Executive Chairman bei der Aktiengesellschaft Alphabet Inc. neben Larry Page und Sergey Brin. Zwei Männer, die es dank ihrer Vision überhaupt erst möglich gemacht haben, dass wir heute online nach einer Information suchen bzw „googeln“, uns die digitale Suchmaschine innerhalb von Sekunden Millionen von Ergebnissen aus allen Teilen der Welt auf dem Bildschirm spuckt. Doch da ist ein Haken.
“Information is power” VS. “Knowledge is power”
„This new way of existing and sharing creates gaps between those who can use information as a resource and those who cannot”, schreibt Sora Park, Direktorin des News & Media Research Center an der University of Canberra, Australien, in ihrem Buch „Digital Capital“. “The ability to locate data, convert it into information, and apply it in the offline context is the key to information fluency.”
„Information ist Macht“ – Diese Aussage von Eric Schmidt ist etwas aus der Zeit gefallen, sagt David Meza, Chief Knowledge Architekt der NASA. Denn das Problem ist heute nicht mehr die Suche nach und der Zugang zu Informationen, sondern das Finden der richtigen. „Knowledge is power“, hält Meza Schmidt entgegen: Wissen ist Macht. Und der Schlüssel dazu liegt in der Vernetzung der Informationen. Denn wir leben im völligen Informationsüberfluss. Mächtig ist, wer aus Informationen Wissen generiert, Zusammenhänge herstellt und den Weg der Information versteht.
Was bedeutet das?
Bananenbrot und Apollo 11
Ein Sprung in den Alltag: Es ist Feiertag, in meinem Kühlschrank liegen braune Bananen, sonst habe ich nicht viel zuhause. Ich will wissen: Was brauche ich, um Bananenbrot zu backen? Geht das auch ohne Mehl, weil heute kein Geschäft in meiner Nähe offen hat? Google knows – und schickt mir über 2 Millionen Suchergebnisse.
Ich finde vermutlich alle Informationen, die es zu den Wörtern in der Suchmaske im Netz aktuell gibt. Aber stehe trotzdem ratlos in der Küche: Welches Rezept soll ich nehmen? Welches ist das passendste, weil gesündeste oder kalorienärmste und nicht einfach nur höher in meinen Suchergebnissen geranked, weil Google weiß, dass ich eine Frau bin, in München lebe und öfter nach gesunden Gerichten suche? Bis ich mich für eins entscheide, dauert es fünf Minuten. Gewonnen hat das Rezept mit dem schicksten Foto. Nach dem Backen streiche ich es vom Bildschirm und aus meinem Gedächtnis, mit der Gewissheit: Beim nächsten Mal kann ich ja einfach wieder googeln. Auch, wenn mich das vielleicht wieder fünf Minuten meines freien Tages kostet und ich mich am Ende vielleicht wieder für ein gutes, aber nicht optimales Bananenbrot-Rezept entscheide.
Was mir geholfen hätte: Eine Übersicht der verfügbaren Informationen mit Keywords, die mir das Finden der passenden erleichtern.
Bananeninformation beiseite. Wenn die NASA nach der passenden Information sucht und nicht auf Anhieb findet, kann das unter Umständen Menschenleben und Milliarden kosten. So entstand die Idee, Informationen zu vernetzen und in Mindmaps zu veranschaulichen: Ein Team aus pensionierten Astronauten hatte Anfang der 2000er den Auftrag, die Originalaufnahmen der ersten Mondlandung zu finden. Neil Armstrong und Buzz Aldrin mit der Apollo 11. Ein Stück Menschheitsgeschichte. Das Team suchte drei Jahre lang. Erfolglos. Ein Tape wurde bis heute nicht gefunden und wahrscheinlich überspielt.
Die NASA besitzt eine sogenannte Lessons Learned Datenbank (LLIS), die über zehn Millionen Dokumente aus über fünf Jahrzehnten Weltraumforschung umfasst. Angefangen bei der Apollo-Mission in den Sechzigerjahren, nach oben hin offen. Um neue Missionen und Space-Expeditionen zu planen, um aus gescheiterten Missionen zu lernen, sammelt die Weltraumbehörde dort alle möglichen Informationen, verwaltet sie und macht sie ihren Mitarbeitern und zum Teil auch der Weltöffentlichkeit zugänglich.
Die Informationen in dieser Datenbank sind Macht. Aber nur für den, der im Datenmeer die passende Information auf Anhieb findet. Weil genau das lange Zeit zu umständlich war, nutzte kaum jemand LLIS.
Um das zu ändern, hat NASAs Chief Knowledge Architekt David Meza das automatisierte Datenbanksystem „Neo4j“ entwickelt. Dieses System analysiert die Informationen, ordnet sie, stellt Zusammenhänge fest und nutzt komplexe Algorithmen und Machine Learning, um sich ständig zu verbessern und trotz Wachstum produktiv zu bleiben. Vernetzte Daten ermöglichen Trendanalysen, erklärt Meza, und risikoorientierte Entscheidungsfindung. Neo4j erkennt Muster und Problemfelder – die der Nutzer der Datenbank auch visuell durch Graphen auf den ersten Blick sehen kann. So konnte die NASA Dokumente zu Fehlern im automatischen Aufricht-System der Apollo 11 finden, und damit die Probleme des Raumfahrzeugs Orion lösen, das 2023 bemannt in den Orbit starten soll.
„Wissens-Silos“ VS Knowledge-Graph
Um Informationen produktiv nutzen zu können, sind sogenannten Knowledge Management Systeme essentiell. So wie ein menschlicher Manager einen Überblick über den Stand seines Projekts behält, indem er zwischen Mitarbeitern aus unterschiedlichen Bereichen vermittelt, kann auch ein solches Datenbanksystem vermitteln. Und die passende Info aus den unterschiedlichen „Wissens-Silos“ generieren. Vorher blieben die Informationen aus den Bereichen Data Science, Management und Informatik für die Mitarbeiter aus den jeweils anderen Bereichen verschlossen: “Many businesses have people working in knowledge management, informatics and data science groups, but we still see data silos that don’t communicate with each other“, sagt Meza.
Die Zusammenhänge werden visuell dargestellt, durch Knotenpunkte in einem Graphen, dem Knowledge Graph. Wo größere Punkte auftauchen, existieren viele Zusammenhänge, es zeichnen sich Trends ab. Dort, wo weniger sind, zeigen sich Wissenslücken oder Fehler. Das verkürzt Entwicklungszeiten und kann Kosten reduzieren.
Zurück zu den Bananen: Nicht nur die NASA, auch das ICIJ (Investigative Consortium of Investigative Journalists) nutzte solche Graphen. Beispielsweise, um die Panama Papers zu analysieren und Betrugsfälle aufzudecken. Investigativ-Reporter von BuzzFeed News nutzen Neo4j Anfang 2017 um mithilfe von Daten aus öffentlichen Aufzeichnungen, Artikeln und Gesprächen mit Donald Trumps Familie, seinem Kabinett und Beraterstab die „TrumpWorld“ zu rekonstruieren, seine Verbindungen zwischen Personen und Unternehmen darzustellen. Das Ganze ist öffentlich zugänglich. Es ist eine moderne Art einer Mindmap. Und geht weit über das Finden von Informationen hinaus. Es geht darum, immer wieder den Weg nachvollziehen zu können, auf dem ich zu einer Information gelangt bin. So verbessern sich Deep Learning Algorithmen und wir können sie auf andere Datensätze anwenden und für andere Fälle nutzen. Knowledge Graphen helfen uns Wissen anzuzeigen, visuell, sie zeigen Information im Kontext – denn Wissen ist Macht.
Blogbeitrag von Maria Christoph.
P.S.: Die Kontextmaps Software kann Neo4j Daten verarbeiten und somit aus Datensätzen ansprechende Visualisierungen erstellen. 😉
Quellen:
Park S. (2017) Information is Power. In: Digital Capital. Palgrave Macmillan, London
Youtube Video über Knowledge Graphen
Slideshare Präsentation
NASASilicon.de über Knowledge Graphen bei der NASA Youtube Video über die Trump World Map